Früher sei man bei Olympia vielleicht gute klassische Dressur geritten, die Hilfen unsichtbar und ein Verschmelzen mit dem Pferd. Heute sind die Bewerbe zum sportlichen Spektakel entartet, übt das Aushängeschild der klassischen Dressur, Anja Beran, harte Kritik am olympischen Reitzirkus. Es ginge nur mehr um hervorragende Pferde, man könne mit einem Durchschnittspferd gar nicht mehr antreten.
Fehler, die nichts mit pferdegerechtem Reiten mehr zu tun haben, würden selbst von den Richtern toleriert, ärgert sie sich. Dazu zähle etwa ein viel zu eng geschnallter Nasenriemen, so dass das Pferd nicht mal mehr den Speichel abschlucken, geschweige dann die Zunge bewegen könne. „Wenn dann ein Stück Backe oder Zunge zwischen die Zähne rutscht, beißt das Pferd da drauf, weil es einfach nicht anders kann und blutet dann. Was wird gemacht? Die Backenzähne werden kürzer geschliffen, damit es sich nicht auf die Backe beißen kann. Das sind alles so Manipulationen, die eigentlich nicht gehen“, empört sich Anja Beran, „aber Sie sehen, die Tierärzte spielen auch mit und die Lösung wäre so einfach. Es gibt ja die Zwei-Fingerregel: Zwei aufgestellte Finger sollen zwischen Nasenriemen und Pferdenase Platz haben.“ Der Nasenriemen sei nie dafür gedacht gewesen, dass man dem Pferd die Kiefer aufeinanderpresst, es nicht mehr schlucken kann, nicht mehr kauen und die Zunge nicht bewegen kann, und das Pferd so zum Befehlsempfänger wird und der Reiter sich mit einer groben Hand alles erlauben könne.
Ein Greul ist ihr auch das Aufgaben bei den Turnieren stupide abgespult werden. Oftmals schon zwei Jahre vor Olympia werden den Pferden in der Bewerbungsphase die fixen Aufgaben eingetrichtert. „Das ist andressiert wie im Zirkus. Wenn ich Verbesserungen anbringen dürfte, würde ich jedem Olympiabewerber erst in der Früh einen Zettel in die Hand drücken, in welcher Reihenfolge die Lektionen zu reiten sind.“
Auch müsse die Zügelführung leichter sein und das sollte man auch überprüfen. Die Piaffe sollte man eigentlich in dieser hohen Klasse am lockeren Zügel reiten können. „Im Moment der höchsten Versammlung sollten wir die Hand
sinken lassen, den Kontakt aufgeben, auch mit dem Schenkel passiv sein und eben beweisen, dass wir das Pferd nur am Sitz haben. Das heißt wir müssen die Körperspannung selber natürlich halten und das Pferd darf seine Haltung nicht verlieren.“
Ihre Liste an nicht Pferde-gerechten Reitpraktiken der Profis, die es besser wissen müssten, ist lang. Mehr dazu in der aktuellen AUF TRAB-Podcast-Folge. „Wir sind glaube ich auf der absoluten Überholspur, dass der Reitsport auf jeden Fall von der Olympiade früher oder später ausscheiden wird. Wir müssen vor allem sehr aufpassen, dass wir überhaupt noch Sport mit Pferden machen dürfen“, fordert Anja Beran bei Pferde-unfreundlichen Praktiken stärker einzuschreiten.
Wobei sie Reitbewerbebei Olympia nicht per se verurteilt: „Es gibt auch sicherlich Reiterinnen, die ihrem Pferd mit viel Respekt begegnen und es nicht nur benutzen, um an Ruhm und Medaillen zu gelangen.“
Olympia eigne sich hervorragend für Blickschulung. Um hier aufzuklären hat Anja Beran´s Stiftung viel Zeit und Geld investiert, um auf Abreiteplätzen von Turnieren und große internationalen Bewerbe zu filmen und aus den realen Vorlagen Trickbilder zu erstellen. Herausgekommen ist Ihr Bestseller: Blickschulung: Pferdegerechte Ausbildung erkennen.
Wer nachhaltige, klassische Dressur in der Praxis erlernen bzw. sich darin verbessern möchte: Im wunderschönen Festschloss Schlosshof im Marchfeld in Niederösterreich findet vom 16. Bis 18. August ein dreitägiger Kurs in Klassischer Dressur mit Horst Becker statt. Zuschauertickets und einen aktiven Teilnehmerinnenplatz gibt es noch.
Info unter julia@auftrab.eu
Musik- und Soundrechte: https://auftrab.eu/index.php/musik-und-soundrechte/
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Foto: Anja Beran