Deutungshoheiten, Tapeten, Ego und der negative Einfluss auf die Arbeit mit Pferden – versus Selbstreflektion, ein offenes Mindset, das Blicken über den eigenen Horizont hinaus und die andauernde Suche nach Wegen Abseits eigener Denkmuster können eine positive Auswirkung auf unser Selbst und unsere Umwelt haben.
Bewusstseinserweiterung – Bewusst Sein und Erweitern.
Nach meinem Dafürhalten beginnt der Stillstand von Fortschritt mit dem Glauben an den einen Weg. Beispiele aus unserer Menschheitsgeschichte gibt es mehr als genug. Kreuzzüge, Islamischer Staat, Kolonialisierung, Inquisition, Nationalsozialismus, Kommunismus, politische Ideologien „Gott will es“ … oder einfach nur der Nachbar zuhause. Immer war es die Deutungshoheit, bestimmt durch Einzelne sehr überzeugende Menschen, die schlussendlich durch genug Follower dazu führte, daß Leid erzeugt wurde. Blut vergossen wurde. Kriege mit all ihren Brutalitäten die in uns Menschen existieren. Der Verlierer auf dieser Einbahnstrasse des Egoismus ist immer die Weiterentwicklung. Die Schattenseiten unserer menschlichen Existenz mit denen wir alle täglich konfrontiert sind.
Wer gewinnt in uns? Die Gute oder die Böse Seite? Die die wir füttern! Ying und Yang. In allem liegt beides. Schwarz und Weiss.
Die Spätfolgen, das Auslöschen anderer Überzeugungen (Inkas, Aboriginies, Indianer, Christen, Muslime, Hexenverbrennungen, Steinigungen, …), das Verbrennen der größten Bibliothek menschlicher Überlieferungen in Alexandria, die Zerstörung von Kulturschätzen heute durch die Islamistischen Extremisten, ...
Viele tun das - ergo ist es richtig.
Dahinter steckt immer das Ego einzelner. Ich habe die Macht. Ich kenne den Weg. Ich bin der der das Richtige tut.
Deutungshoheit. Tapete. Ego.
Der Bogen zur Arbeit mit Pferden ist relativ klein zu schlagen.
Bist du ein Showman – dann bist du kein Horseman.
Du hast ganz klar gewählt – Wettbewerb vor Pferd. Das Pferd ist beliebig austauschbar für dich. Gegen ein Rallyefahrzeug, ein Motorrad, ein Mountainbike... es geht um deinen persönlichen Erfolg – Ego vor Pferd. Ob monetär oder Platzierung.
Der Unterschied ist lediglich, das mechanische Sportgerät ist beliebig oft reparierbar, ein Lebewesen nicht!
Im Gegenzug der Begriff Horse Man Ship – Pferd vor Mensch. Achtsamkeit, Respekt vor dem Lebewesen... Sonst würde es wohl Manhorseship heissen.
Heute steht überall Horsemanship drauf. Weil es eine schöne Tapete ist für das was viele tun. Der Begriff ist mittlerweile so verwaschen. Es gibt eine „Horsemanship Disziplin“ in den Western Reit Shows. Was das genau mit Horsemanship zu tun hat ist mir persönlich nicht verständlich. Eine „sanfte“ Disziplin in der für die Pferde ansonsten brutalen Welt des Western Sports in der 18 Monate alte Pferde angeritten werden um mit 3 Jahren in der Futurity Patterns abzuspulen??? Damit sie mit 5 oder 8 Jahren als kaputte „Freizeitpferde“ auf dem Markt landen. Ausnahmen bestätigen wie überall die Regel.
Das selbe sieht man im Englischreiten. Seit ein paar Jahren verwischt diese Reiterei mit dem Begriff Klassisch. Was ist klassische Reiterei? Die alten Meister und ihre Schüler verstanden sicher etwas völlig anderes darin als das Reiten in der Hyperflexion, dem vorne festhalten und hinten drauf hauen... Ein Pferd mit blauer Zunge, röchelnd weil es keine Luft bekommt, mit 15 Kilogramm am Zügel (Handschuhe tragend damit der Zügel nicht in die Hand der Person die ihn „hält“ beschädigt) ist ganz sicher nicht „Klassisch“. Um keine öffentlichen Reaktionen auszulösen schliesst man die Öffentlichkeit kurzerhand von den Abreiteplätzen aus. Das „klassische Reiten“ wieder so eine schöne Tapete
Deutungshoheit. Tapete. Ego.
Gibt man den Begriff Horsemanship heute bei Wiki oder Google ein, dann tauchen dort Personen auf die ihn weder leben noch begründet haben.
Ein System an Spielen oder eine Disziplin ist an sich kein Horsemanship.
Die Gesamtheit, das Verständniss für das Lebwesen Pferd und ein offenes Mindset die hierfür nötig wären fehlt.
Ein System ist in sich geschlossen. Eine Disziplin beruht auf einem in sich geschlossenen Regelwerk.
Wege aus dieser Denkweise sind in uns selbst zu finden. Horsemanship beginnt immer mit der Arbeit an uns selbst. Verstehe und akzeptiere ich das Lebewesen Pferd als das was es ist?
Dazu gehört zu aller erst Wissen. Die Weitergabe durch Erfahrungen anderer. Daraus entstehen Erkenntnisse, ein im Optimalfall offener Dialog zwischen Individuen mit einem offenen Mindset – ähnlich einem offenen Dialog zwischen Wissenschaftlern. Nur in einem offenen Dialog können neue Erkenntnisse entstehen. Brainstorming. Das Wissen für die Basis eines solchen Dialogs kann man sich aneignen. Wissen, Fortschritt hat keine Grenzen, ist nicht geschlossen. Es ist ein andauernder Prozess an Austausch zwischen Individuen. Aber, dazu braucht man ein Gegenüber das bereits einen gewissen eigenen Wissensstand hat und nicht auf Ahnungen, Vermutungen, Hörensagen aufbaut und etwas gelernt hat ausserhalb der Blase Social Media, WWW oder der kleinen Stallgemeinschaft. Bücher, Kurse, Unterricht, Weiterbildung … sind hierfür nötig. Ein Hochschulstudium kann man auch nicht erreichen indem man 4 Klassen schwänzt.
Jedes Pferd, jeder Mensch ist individuell. Körperlich und Geistig.
Fehler passieren täglich. Größe zeigt wer dies auch bei sich selbst akzeptieren kann. Wir sind alle nicht perfekt. Aber wir alle können dazu lernen. In dem Moment wo durch eigenes Handeln einem anderen Lebewesen ein Schaden entsteht sollte das eigene Handeln überdacht werden. Dazu sollten Menschen fähig sein!
Pferde sind Schutzbefohlene. Sie sind durch uns in Ställen, bei Schmieden, bei Trainern, in Wettbewerben, auf Ranches, bei Tierärzten oder Therapeuten …
3 Wochenendkurse sind ganz sicher nicht ausreichend um die komplexen Zusammenhänge zu verstehen, geschweige denn anderen etwas zu erklären, am Pferd zu arbeiten oder zu unterrichten. Aber sie sind ein Anfang! Der Beginn und die Offenheit etwas dazu lernen zu wollen.
Ein jahrelanges Verbleiben in einem bestehenden geschlossenen System, ob Rollkur oder des Anreitens von Pferdebabies bleibt aber ebenso hinter unserem menschlichen Potential der Weiterentwicklung zurück.
Ein offener Dialog, Übergreifend – Begreifend, daß es im Prinzip keinen Feind gibt ausser dem Stillstand wäre ein guter Anfang!
Horsemanship beginnt immer mit der Arbeit an uns selbst und der Begriff ist selbsterklärend in sich.
Ich wünsche uns allen ein offenes Mindset und einen gemeinsamen Fortschritt sowie die Erkenntnis, daß eine Tapete schön anzusehen ist aber ohne die Wand dahinter nicht von sich aus steht.
Ein Gastbeitrag von Markus Linse aus unserer Rubrik Gedanken von PferdeMenschen
(Text Copyright 24.11.2024 Markus Linse, Foto in Grafik: Markus Linse. Weitere Infos über Markus LInse https://www.markus-linse.com/ )
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